Wie ich Chemie-digital nutze: Unterschied zwischen den Versionen
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* Die ZUM, die das Wiki unterhält, hat eine Vereinbarung mit dem '''Medienarchiv von Wikipedia''' geschlossen. So kann ich alle Bilder auf [http://commons.wikimedia.org/wiki/Hauptseite?uselang=de Wikimedia-Commons] direkt nutzen ohne mich um ein Upload und Lizenzen kümmern zu müssen. Da ich die Bilder nicht ausdrucke, brauche ich mich nicht um die Größe und Menge kümmern.[[Frau_Lachner/Die_Elemente_in_der_Antike#Beispiele_f.C3.BCr_Elemente.2C_die_seit_der_Antike_bekannte_sind|Hier]] und [[Frau_Lachner/Die_Bedeutung_der_Gruppen_im_Periodensystem#Die_Alkalimetalle|hier]] Seiten, auf denen ich viele Bilder einsetze. | * Die ZUM, die das Wiki unterhält, hat eine Vereinbarung mit dem '''Medienarchiv von Wikipedia''' geschlossen. So kann ich alle Bilder auf [http://commons.wikimedia.org/wiki/Hauptseite?uselang=de Wikimedia-Commons] direkt nutzen ohne mich um ein Upload und Lizenzen kümmern zu müssen. Da ich die Bilder nicht ausdrucke, brauche ich mich nicht um die Größe und Menge kümmern.[[Frau_Lachner/Die_Elemente_in_der_Antike#Beispiele_f.C3.BCr_Elemente.2C_die_seit_der_Antike_bekannte_sind|Hier]] und [[Frau_Lachner/Die_Bedeutung_der_Gruppen_im_Periodensystem#Die_Alkalimetalle|hier]] Seiten, auf denen ich viele Bilder einsetze. | ||
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+ | * Ein roter Rahmen für die wichtigen Informationen, die gelernt werden müssen. | ||
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Die Idee des "Flipped Classroom" scheint mir auch ein Erziehungsmittel für Klassen zu sein, die mit Disziplinproblemen zu kämpfen haben. Statt das ein Unterricht an der Tafel gestört werden kann, bietet der Lehrer den wirklich interessierten Schüler die Möglichkeit sich in Ruhe auf den Unterricht vorzubereiten. So ist man auch als Lehrer nicht mehr die zentrale Zielscheibe der Störung sondern eher der Helfende, der bei Problemen zur Stelle ist. | Die Idee des "Flipped Classroom" scheint mir auch ein Erziehungsmittel für Klassen zu sein, die mit Disziplinproblemen zu kämpfen haben. Statt das ein Unterricht an der Tafel gestört werden kann, bietet der Lehrer den wirklich interessierten Schüler die Möglichkeit sich in Ruhe auf den Unterricht vorzubereiten. So ist man auch als Lehrer nicht mehr die zentrale Zielscheibe der Störung sondern eher der Helfende, der bei Problemen zur Stelle ist. | ||
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* In der Schule ruhige Schüler, die aber an sich fleißig sind, konnten sich zu Hause gut auf den Unterricht vorbereiten und haben die Übungs- und Kontrollangebote genutzt. Es zeigte sich tatsächlich bei einigen eine erhebliche Notenbesserung um bis zu zwei Stufen. | * In der Schule ruhige Schüler, die aber an sich fleißig sind, konnten sich zu Hause gut auf den Unterricht vorbereiten und haben die Übungs- und Kontrollangebote genutzt. Es zeigte sich tatsächlich bei einigen eine erhebliche Notenbesserung um bis zu zwei Stufen. | ||
* Schüler die gefehlt haben, bekamen von mir die Information, welchen Abschnitt wir bearbeitet hatten und konnten so alles nacharbeiten. Auch ein fehlendes Arbeitsblatt war kein Problem, denn sie konnten es sicher selber zu Hause ausdrucken und mussten nicht warten, bis sie eines von mir bekommen. | * Schüler die gefehlt haben, bekamen von mir die Information, welchen Abschnitt wir bearbeitet hatten und konnten so alles nacharbeiten. Auch ein fehlendes Arbeitsblatt war kein Problem, denn sie konnten es sicher selber zu Hause ausdrucken und mussten nicht warten, bis sie eines von mir bekommen. | ||
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+ | Einige Schüler lehnten sich auf, denn sie erkannten, dass die Hausaufgaben bei Flipped-Classroom eine andere, wichtigere Bedeutung haben. Wird in der Schule die Theorie besprochen und eine Beispielaufgabe durchgerechnet, dann sind Übungs-Aufgaben zu Hause durchaus verzichtbar und es fällt vielleicht sowieso nicht auf wenn die Hausaufgaben fehlen. So denken vermutlich einige Schüler. Immerhin haben sie zumindest die Theorie und ein Beispiel im Heft. | ||
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+ | Wenn aber zu Hause die Theorie erarbeitet werden soll, dann fällt die Nicht-Bearbeitung deutlich auf, denn die Schüler haben ein leeres Heft und keine Ahnung. Bei entsprechender Medien-Versorgung (Handys mit WLAN oder Internet-Zugriff oder ausreichend Schulrechnern) könnte man die Schüler, die sich nicht auf den Unterricht vorbereitet haben, beauftragen, alles für sich nachzuarbeiten und dann die Übungsaufgaben, die im Unterricht bearbeiten worden sind, ebenfalls nach zu machen. So hat derjenige, der die Hausaufgaben nicht gemacht, einen deutlichen Nachteil. | ||
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+ | Die Frage kam im Rahmen der Diskussionen über Flipped Classroom auf: Muss ich als Lehrer mich an den Schüler orientieren, die mitarbeiten oder an denen, die aufgrund ihrer Arbeitshaltung einen Nachteil von Flipped Classroom haben? Einheitlich war die Meinung, dass Schüler die kein Interesse, sich auch im normalen Unterricht nicht beteiligen. Selbst wenn sie dann etwas im Heft stehen haben, so bedeutet das ja schon lange nicht, dass sie es verstanden haben. Denn vom Abschreiben lernt man selten alles zu verstehen. Zwar haben die Schüler dann ein gutes Gefühl aber es kommt meist das gleiche raus, wie wenn sie sich für eine Stunde gar nicht vorbereiten. |
Version vom 23. Oktober 2012, 14:40 Uhr
Inhaltsverzeichnis |
Wie es dazu kam
Ein eigenes Wiki habe ich schon seit einiger Zeit im Einsatz. Dort habe ich auch Informationen und Links für Schüler abgelegt, ebenso für Kollegen Informationen zu Computer-Themen. Der Grund warum ich das Wiki nutze ist die Schnelligkeit der Bearbeitung. Ich kann jederzeit, wenn ich an einem Computer mit Internet bin, daran arbeiten und brauche keine spezielle Software. Nach der Anmeldung im Wiki kann ich den Inhalt direkt bearbeiten ... eine wesentliche Besserung zu früher, wo man Dateien zwischen heimischem Computer und Homepage hin und her schieben musste.
Die Wiki-Idee entwickelte sich weiter, als unter einigen Online aktiven Lehrern die Diskussion über das Thema "Digitales Schulbuch" aufkam. Mit bezahlbaren Tablets stellte sich die Frage, warum man nicht alle Bücher digitalisiert um den Schülern (und auch Lehrern) das Schleppen der schweren Bücher zu ersparen. Leider entsprach das nicht den Vorstellungen der Schulbuch-Verlage. Einige Verlage boten digitales Material an, aber das das ich kennengelernt hatte, konnte man nicht als echtes Buch bezeichnen und war primitiv gemacht. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde auch der Schultrojaner diskutiert und es stellten sich die Online aktiven Lehrer die Frage, warum man nicht mehr unter den Kollegen - auch über das Internet - austauscht. Wenn man sich unabhängig vom Material der Schulbuchverlage macht, braucht man auch deren Schnüffeleien nicht fürchten. Dazu gab es einige Initiativen wie CC your Edu oder OER = Open Educational Ressources.
So stand die Idee im Raum, warum man nicht gemeinsam an Büchern arbeitet, die frei und kostenlos für alle verfügbar sind. Wenn jeder ein wenig beiträgt es für den Einzelnen nicht so viel Arbeit und man profitiert womöglich sehr viel mehr davon, als man an Zeit investiert. So, wie es ja auch in Wikipedia funktioniert hat. In den Diskussionen wurden einige wichtige Themen deutlich:
- Bedarf eine digitales Online-Schulbuch einer Zulassung?
- Welche Software eignet sich am besten für Zusammenarbeit und die fachlichen Belange der Fächer (etwas die Darstellung von Formeln).
Für mich war klar, dass die Media-Wiki-Software, die auch für Wikipedia verwendet wird, am besten geeignet ist. Zumindest nach dem bisherigen Stand, wobei es sicherlich einige Kritikpunkte gab. Aber ich kannte mich im Umgang damit gut aus und kenne viele Kniffe.
Obwohl eigentlich alle ihr generelles Interesse bekundet haben und die Idee an sich gut fanden, fand mein Angebot, dass ich etwas anfangen will, wenig Interesse. Chemie-Lehrer waren sowieso wenig an der Diskussion beteiligt und so sagte ich mir, dass es eben dann alleine machen muss.
Aufgrund der Diskussion bezüglich der Zulassung war mir von vorne herein klar, dass ich das Projekt nicht "Schulbuch" nennen wollte. Außerdem wäre der Aufwand tatsächlich ein vollständiges Schulbuch zu schreiben, viel zu groß für mich alleine. Ich nannte es also "digitales Arbeitsbuch" und wollte es ergänzend zum offiziellen Schulbuch nutzen, dass ja sowieso vorhanden war.
Vorteile eines Online-Wiki-Buches
So stellte sich die Frage, was mir generell das Wiki für Vorteile bieten kann?
Neben der Flexibilität an sich kann ich mit dem Wiki folgendes zusätzlich anbieten:
- Links zu ausführlichen Informationen zu einem Thema (Wikipedia, Firmen-Seiten, Werbung und andere Spezial-Seiten) können in beliebiger Menge eingebaut werden, man muss nicht umständlich einen Link diktieren sondern trägt ihn einfach ein.
- Interaktive Tests sind möglich, mit denen ich den Schülern die Möglichkeit biete sich selber zu testen. Ich setze sie gezielt zur Einübungen von bestimmten Fähigkeiten ein oder als Abschluss eines Themas. Die Liste aller bisher vorhandenen Quiz-Seiten sind in der Kategorie:Quiz zu finden.
- Verlinkung und sogar direkte Einbindung von Videos (nicht nur von YouTube). So müssen die Schüler nicht auf YouTube gehen sondern können den Film hier sehen und werden nicht von Werbung behelligt. Ein Beispiel wo ein Video mit einer Multiple-Choice-Test verbunden wurde.
- Der Upload von mp3-Hördateien und die Möglichkeit sie direkt auf der Oberfläche abzuspielen ist ebenfalls vorhanden. Es hört sich zwar etwas ungewöhnlich an, aber ich finde, dass es in einigen Situationen sinnvoll ist, eine kleine Anleitung mal ohne Bilder und schriftliche Erklärungen zu liefern. Die Schüler müssen sich genau auf das Gehörte konzentrieren und können dies auch besonders gut, wenn sie Kopfhörer aufhaben. Hier so ein paar Anleitungen.
- Beispiel-Aufgaben können mit versteckbaren Lösungen versehen werden. So haben auch hier die Schüler die Möglichkeit sich selber zu testen. Wie etwa hier.
- Die ZUM, die das Wiki unterhält, hat eine Vereinbarung mit dem Medienarchiv von Wikipedia geschlossen. So kann ich alle Bilder auf Wikimedia-Commons direkt nutzen ohne mich um ein Upload und Lizenzen kümmern zu müssen. Da ich die Bilder nicht ausdrucke, brauche ich mich nicht um die Größe und Menge kümmern.Hier und hier Seiten, auf denen ich viele Bilder einsetze.
Hilfsmittel im Wiki
Da ich die Wiki-Software schon länger nutze habe ich mir den Einsatz von Vorlagen angewöhnt. Langer Text hintereinander, wird zu langweilig. So habe ich wichtige Dinge visuell hervorgehoben und spezielle Rahmen für einzelne Teile erstellt. Es gibt Vorlagen für
- Hinweise auf Seiten im Buch, in denen man die wichtigen Sachen nachlesen kann.
- Aufgabenstellungen, die nummeriert werden können. Das war von Schülern sogar angefragt worden, weil sonst ein Hinweis auf eine einzelne Aufgabe etwas schwierig wurde.
- Ein roter Rahmen für die wichtigen Informationen, die gelernt werden müssen.
- Bild und spezieller Hintergrund für Experimente.
Für Links gibt es kleine Bilder, die zeigen, auf welche Art von Medium der Link führt:
- Video
- Hördatei
- Wikipedia-Seite
- pdf-Dokument
- sonstiges Text-Dokument
Aufgaben
Meiner Meinung macht der Einsatz des Wikis zum Beispiel auch dann Sinn, wenn die Schüler am Computer arbeiten. So spare ich Druckkosten und kann auch gleich Links anbieten, die die Schüler nicht noch irgendwo anschreiben müssen. Eventuell kann ich auch gleich Dateien zum Download anbieten, mit denen die Schüler vielleicht arbeiten sollen. Denkbar sind Texte und Tabellendokumente, Dateien von Simulationsprogrammen, Dateien von 3D-Moleküldarstellungen und vieles mehr.
- Hier ein Beispiel (auf meinem alten Wiki), wo die Schüler eine Art virtuelles Experiment mit einem Simulationsprogramm machen sollen. Da es an Platz nicht mangelt kann ich ohne Probleme ausreichend Informationen zur Bedienung des Programmes ergänzen. Und es ist auch die Datei zum Download vorhanden, mit der die Schüler dann arbeiten sollen. Zwar haben wir ja auch eine schulinterne Ablagemöglichkeit, die sogar von außen erreichbar ist, aber dafür gibt es einige technische Hürden, die hier nicht vorhanden sind.
Arbeitsblätter, die ich in der Schule bearbeitet habe, wurden meist auch zum Download auf dem Wiki angeboten. Falls ein Schüler eines verliert, gefehlt hat oder einen bunten Ausdruck haben will, kann er sich jederzeit das Arbeitsblatt selbstständig ausdrucken.
Sehen wir in die Zukunft und gehen wir mal davon aus, dass die Schüler alle irgendwann einmal ein Tablet dabei haben, so könnte man das Wiki natürlich auch generell als Ersatz für gedruckte Arbeitsblätter oder Aufgabenzettel verwenden. Da dies aktuell natürlich noch nicht der Fall ist, konnte ich also nicht so einfach die Aufgaben dort ablegen und von den Schülern verlangen, sie dort abzulesen. Allerdings habe ich viele Aufgaben, die ich im Unterricht bearbeitet habe, auch im Wiki abgelegt. Die dann aber auf einen Zettel kopiert und im Unterricht an die Schüler ausgegeben. Zu den Aufgaben im Wiki biete ich teilweise die Lösung oder ergänzende Hinweise auf andere Seiten an, die mehr Informationen zu einem (Anwendungs-)Thema haben.
Flipped Classroom
Die Idee hinter Flipped Classroom, ist recht einfach. Es wird vertauscht und zwar der Unterricht mit den Hausaufgaben. Der Schüler lernt z.B. anhand von Filmen, in denen ihr Lehrer alles Wichtige erklärt und in der Schule werden Übungsaufgaben gemeinsam mit den Mitschülern und dem Lehrer als Hilfe bearbeitet. Die grundlegende Idee stammt von den zwei amerikanischen Chemie-Lehrern Aaron Sams und Jonathan Bergmann. Aaron Sams erklärt in einem Video (englisch), wie er Flipped Classroom nutzt. Eine Sammlung von Ideen, Information, Nutzern dieser Idee, Kritik und Antworten darauf findet man auch auf der Seite Flipped Classroom im ZUM-Wiki. Christian Spannagel, Professor für Mathe-Didaktik an der PH Heidelberg, erklärt seine Anwendung des Flipped Classroom in Mathe-Vorlesungen in einem Vortrag.
Mir fiel die Idee des Flipped Classroom schon vor einiger Zeit auf, auch da ich schon seit einiger Zeit das Gefühl habe, dass ein klassischer Unterricht nur noch in wenigen Klassen möglich ist. Zum Teil sind die Schwierigkeiten der Schüler sicherlich auch auf den Medienkonsum zurück zu führen. Da man den Computer als Lehrerschaft alleine nicht "bekämpfen" kann und er sicher auch nicht mehr aus dem Alltag der Schüler zu verbannen ist, sollte man eher auf die Probleme eingehen anstatt nur das Medium Computer zu verteufeln und zu verbieten.
Meiner Meinung ist die Idee des "Flipped Classroom" sinnvoll, denn man sagt ja, dass die Kommunikationskompetenz zurück geht. Also sollte man darauf achten, dass die Schüler im Unterricht aktiver werden und eben mehr kommunizieren. Deshalb habe ich mir überlegt, was im Unterricht nicht-kommunikativ ist. Neben Instruktions-Videos, wie Sams und Bergmann sie vorgestellt haben, gibt es meiner Meinung nach noch einige andere Dinge, die im Chemie-Unterricht nicht-kommunikativ sind.
So fiel mir auf, dass es immer mal wieder vorkommt, dass ich als Lehrer kurzfristig "arbeitslos" bin, wenn ich nach einem Tafelanschrieb warten muss bis alle fertig abgeschrieben habe. Bringt es aber den Schülern etwas wenn ich "Live" Begriffe an die Tafel anschreibe? Sicher ... auch ich habe früher öfters mit Schülern Begriffe aus Experimenten und Beobachtungen heraus entwickelt und die Ideen und Definitionen an der Tafel festgehalten. Ziel ist es ja, dass die Schüler selber die Begriffe nutzen, selber formulieren und so weiter. Allerdings ist es eben doch so, dass nur in den seltensten Fällen wirklich richtige Formulierungen von den Schülern kommen: meist muss man viel korrigieren und im allgemeinen sind immer die gleichen Schüler beteiligt. Außerdem stellt sich mir die Frage, ob es nicht ein modernes Verständnis von Wissen ist, zu sagen: "Das Wissen ist vorhanden. Wir müssen es verstehen und anwenden können." Im Wiki habe ich diese Ideen an einige Stellen auf verschiedene Art und Weise untergebracht:
- Die Schüler haben die üblichen Experimente mit der Kerze gemacht und ihre Beobachtungen als Merkhilfe notiert. Anschließend habe ich den Schülern die Definitionen für Feuer, Flamme, Brennen usw. vorgestellt und die Schüler sollten die Experimente und die von ihnen gemachten Beobachtungen nennen, bei denen sich die genannten Definitionen erklären ließen.
- Die Schüler sollten die Begriffe Zündtemperatur, Flammpunkt usw. nachschlagen. Anhand von Ausschnitten der entsprechenden Wikipedia-Artikel haben wir die Definitionen herausgearbeitet und dann wurden bei Lehrerexperimenten verschiedene brennbare Flüssigkeiten verglichen, um die Begriffe noch einmal zu verdeutlichen. Anschließend gab es Anwendungsaufgaben, wo die Begriffe auf alltägliche Probleme angewendet wurden.
- Zum Thema Säuren und Basen gab es in Anschluss an das Thema Wasser (also noch ohne Formeln) eine Reihe von Schüler-Experimenten, bei denen die wichtigsten Eigenschaften von Säuren und Laugen sowie Indikatoren gezeigt wurden. Parallel dazu sollten die Schüler die Begriffe und ihre Definitionen abschreiben. Nach den Experimenten wurde noch einmal wiederholt, bei welchem Experiment welche Eigenschaft gezeigt wurde, um die Begriffe zu festigen. Als weitere Anwendungen ab es Alltags-Beispiele (und deren Lösungen im Wiki) und Teile des Wikipedia-Artikels "Sauer Regen" wurde mit Hilfe der Definitionen so gut es ging, mit dem neuen Fachwissen ging erklärt.
Bei allen Bemühungen zu "flippen" sollte aber klar sein, dass es einfach einige Themen gibt, bei denen gerade im Anfangs-Unterricht im Fach Chemie der Lehrer gleich Verständnis-Fehler korrigieren muss. Dann sind Filme eher ungünstig. Das Aufschreiben von Definitionen stellt aber sicher kein Problem dar und bei der anschließenden Anwendung können dann die Fehler durch den Lehrer oder auch Mitschüler korrigiert werden.
Christian Spannagel, Professor für Mathe-Diaktik an der PH Heidelberg, nutzt in seinen "Vorlesungen" auch Flipped Classroom und hat den Begriff des "Aktiven Plenums" bei gemeinsamen Übungen von Groß-Gruppen geprägt. Hier wird eine beschränkte Anzahl an Aufgaben gemeinsam von der Klasse/dem Plenum bearbeitet ohne das der Lehrer zu oft eingreift. Wichtig ist das die Schüler immer kritisch nachfragen, Vorschläge diskutiert und Fehler korrigiert werden. Dazu sollten die Aufgaben nicht zu einfach sein, damit auch eine gewisse Herausforderung besteht. Dieses Video zeigt ein Beispiel aus einer Mathe-"Vorlesung". Ich selber habe in einigen Stunden sehr gute Erfahrungen mitder Idee des aktiven Plenums gemacht. Einmal hat sogar eine Schülerin gemeint, dass sie noch nie soviel gelernt hat, wie in dieser Stunde. Natürlich kann man, eben auch wegen Fehlern die mal auftreten, nicht so viele Aufgaben bearbeiten. Aber da dies eben den normalen Weg für die Schüler zeigt, ist es besser als eine größere Anzahl von richtigen Aufgaben einfach an die Tafel anschreiben zu lassen.
Neben Vorlesungs-Videos halte ich die Idee auch für diskussions-würdig, den Schülern als Hausaufgaben Videos zu Experimenten zum Anschauen zu geben. Ohne eine Vergrößerungskamera sind viele Phänomene wenn überhaupt nur in den ersten Reihen einigermaßen zu sehen. Warum nicht nach einem guten Video im Internet suchen, es eventuell auch einmal selber aufnehmen und den Schülern dann die Aufgabe geben ein Beobachtungs-Protokoll dazu zu schreiben. Das Experiment kann beliebig oft betrachtet werden um so alle Einzelheiten genau beobachten können. Und jeder hat einen gleich guten Blick darauf. Aber auch hier wieder: wenn dann macht das nur bei Experimenten Sinn, bei denen kein Diskussionsbedarf besteht oder die Schüler direkt eingreifen sollen. Ein klassisches Beispiel, das ich sicher nie Online zeigen würde, wäre die quantitative Synthese von Wasser im Eudiometer. Hier können die Schüler spekulieren, vorschlagen, argumentieren ... oder eben allgemein "kommunizieren".
Die Idee des "Flipped Classroom" scheint mir auch ein Erziehungsmittel für Klassen zu sein, die mit Disziplinproblemen zu kämpfen haben. Statt das ein Unterricht an der Tafel gestört werden kann, bietet der Lehrer den wirklich interessierten Schüler die Möglichkeit sich in Ruhe auf den Unterricht vorzubereiten. So ist man auch als Lehrer nicht mehr die zentrale Zielscheibe der Störung sondern eher der Helfende, der bei Problemen zur Stelle ist.
Vor- und Nachteile für die Schüler
Im Idealfall haben die Schüler von allem natürlich ein Vorteil. Das zeigte sich bei meinem bisherigen Einsatz an einigen Schülern, die das Angebot gut nutzen:
- In der Schule ruhige Schüler, die aber an sich fleißig sind, konnten sich zu Hause gut auf den Unterricht vorbereiten und haben die Übungs- und Kontrollangebote genutzt. Es zeigte sich tatsächlich bei einigen eine erhebliche Notenbesserung um bis zu zwei Stufen.
- Schüler die gefehlt haben, bekamen von mir die Information, welchen Abschnitt wir bearbeitet hatten und konnten so alles nacharbeiten. Auch ein fehlendes Arbeitsblatt war kein Problem, denn sie konnten es sicher selber zu Hause ausdrucken und mussten nicht warten, bis sie eines von mir bekommen.
Einige Schüler lehnten sich auf, denn sie erkannten, dass die Hausaufgaben bei Flipped-Classroom eine andere, wichtigere Bedeutung haben. Wird in der Schule die Theorie besprochen und eine Beispielaufgabe durchgerechnet, dann sind Übungs-Aufgaben zu Hause durchaus verzichtbar und es fällt vielleicht sowieso nicht auf wenn die Hausaufgaben fehlen. So denken vermutlich einige Schüler. Immerhin haben sie zumindest die Theorie und ein Beispiel im Heft.
Wenn aber zu Hause die Theorie erarbeitet werden soll, dann fällt die Nicht-Bearbeitung deutlich auf, denn die Schüler haben ein leeres Heft und keine Ahnung. Bei entsprechender Medien-Versorgung (Handys mit WLAN oder Internet-Zugriff oder ausreichend Schulrechnern) könnte man die Schüler, die sich nicht auf den Unterricht vorbereitet haben, beauftragen, alles für sich nachzuarbeiten und dann die Übungsaufgaben, die im Unterricht bearbeiten worden sind, ebenfalls nach zu machen. So hat derjenige, der die Hausaufgaben nicht gemacht, einen deutlichen Nachteil.
Die Frage kam im Rahmen der Diskussionen über Flipped Classroom auf: Muss ich als Lehrer mich an den Schüler orientieren, die mitarbeiten oder an denen, die aufgrund ihrer Arbeitshaltung einen Nachteil von Flipped Classroom haben? Einheitlich war die Meinung, dass Schüler die kein Interesse, sich auch im normalen Unterricht nicht beteiligen. Selbst wenn sie dann etwas im Heft stehen haben, so bedeutet das ja schon lange nicht, dass sie es verstanden haben. Denn vom Abschreiben lernt man selten alles zu verstehen. Zwar haben die Schüler dann ein gutes Gefühl aber es kommt meist das gleiche raus, wie wenn sie sich für eine Stunde gar nicht vorbereiten.